Maskenbildnerische Arbeit – Hinter den Kulissen!

Hejsan,

ein Projektbericht mit maskentechnischer Herstellung des Charakters Duchess, Organisation und letztendlicher Umsetzung. Zu Beginn ein weißes Blatt mit einem Entwurf und ein Foto von einer zuvor gespielten Produktion. Ist die Messlatte schon zu hoch gesetzt oder kann man es genauso gut Meistern? Jede falsche Herangehensweise und jeder zu lang diskutierte Satz kann zum maskenbildnerischen Misserfolg führen. Jede Arbeitsabfolge in neuen oder differenzierten Abläufen kann eine peinliche, persönliche Sache werden. Es wäre die Formulierung und Demonstration der eigenen Unfähigkeit und die Premiere rückt stetig näher.

Es ist soweit und ich kann euch endlich etwas von meinem Maskenbildnerischen Fähigkeiten im Arbeitsalltag präsentieren. Dabei möchte ich betonen das es sich hierbei um einen Arbeitsprozess handelt der in der Entwicklung war und der speziell für ein Ballett konzipiert wurde. Diese grobe groteske maskenbildnerische Arbeit ist nicht für Film und Fernsehen und nicht für Fotoshootings sondern für die Oper entwickelt worden.

Ziel und Planung!

Für jede Herstellung eines Ballett hat man eine begrenzte Zeit, da meist, ungefähr ein halbes Jahr zuvor bekannt wird, welcher Tänzer welche Rolle bekommt. Und das ist dann erst einmal nur der Anfang, es kann sich jederzeit noch einmal ändern und dann steht plötzlich die komplette Besetzung in Frage. Und was ist mit unserer Arbeit, ich kann doch nicht unzählige Perücken anfangen oder unzählige Gesichtsabdrücke machen. Es wird schon funktionieren!

Ich erzähle euch hier in Kurzform etwas über die Entstehung des Ballettes „Alice im Wunderland“, welches bereits in London/Vancouver aufgeführt wurde und in Stockholm den gleichen Charakter bekommen sollte. Vor einigen Wochen nun hatte „Alice im Wunderland“ endlich an der „Kunglinga Operan“ in Stockholm seine Premiere. Das gesamte Werk wurde in Koproduktion mit den Bühnentechnischen Werkstätten  der „Kunglinga Operan“ Stockholm und der königlichen Oper in Kopenhagen erarbeitet. Die Maskenbildnerischen Abteilungen haben nur begrenzt zusammengearbeitet, da die Masken und Perücken passgenau angefertigt wurden/werden. Das ganze Ballett „Alice im Wunderland“ war eine enorme Herausforderung für alle Abteilungen an der Oper. Eine Kollegin und ich hatten in der Maskenbildabteilung eine übergeordnete Funktion in unserer Abteilung. Wir haben dabei einen Zeitplan erarbeitet und haben uns mit unseren Kollegen aller zwei Wochen bei einem meeting verglichen, wir haben sehr eng mit der Produktionabteilung zusammengearbeitet und diese Informationen an unser Team regelmässig weitergegeben und wir haben administrative arbeiten organisiert, besprochen, und dokumentiert, so das wir pünktlich unsere Arbeiten beitragen konnten. Dabei gab es jedoch auch Meinungsverschiedenheiten im Team, doch wir haben diskutiert und Lösungen gefunden und wurden am Ende mit einem beeindruckenden Werk belohnt. Alle haben ihre Aufgaben geschafft und ich hoffe und glaube das keiner eine peinliche und persönliche Niederlage, angehend seiner Arbeiten, erlebt hat

Hinter den Kulissen im Make up Department!

Heute zeige ich euch endlich EINE meiner Schminkaufgaben, den Duchess. Die Perücke ist ein älteres Werk aus dem Fundus der Oper und wurde nur in der Stirnpartie repariert und erneuert. Zu Beginn der Proben war mir noch nicht ganz klar welchen Strapazen diese Perücke standhalten muss. Nach der ersten Maskenprobe wusste ich jedoch was auf die Perücke, den Tänzer und mich zukommen wird. Zu beginn glaubte ich der Tänzer hat in diesem Stück eine mehr oder weniger schauspielerische Rolle, doch nachdem im ersten Akt das Komplette Extra (Haardiadem und Krone) vom Kopf viel und ein Lachen bei Regie, Produktion, Technik und den Tänzern verursachte, wusste ich, dass ich alles noch stabiler am Kopf befestigen muss. Das Haardiadem mit den Hörnern habe ich selbst hergestellt, wie HIER schon einmal beschrieben, sowie Augenbrauen und Warzen. Die Krone und das Schleifendiadem, auch in Form der Hörner, wurde von unserer Hutmacherin der Oper hergestellt. Bei der Schminkmaske bin ich in den maskentechnischen Proben einer Entwicklung durchlaufen. Dabei zeige ich euch jetzt nicht von jeder einzelnen maskentechnischen Probe ein Foto, da ich das selbst unnötig findet.

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Dies war der Entwurf nach dem ich arbeiten durfte. Der Schleier wurde dabei schon von Vancouver und London entfernt und nicht verwendet.

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Hier noch ein mal das Gestell welches ich angefertigt habe um es an der perücke zu befestigen.

imageAn dieses Gestell habe ich die bereist zuvor ungleichmässig gelockten Haartressen angenäht. (Bild: Kungliga Operan/Frida Nilson)

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Ersten Schminkproben und Formfindung. (Bild: Kungliga Operan/Frida Nilson)

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Der Hut war der Erste Akt noch in der realen Welt bei „Alice im Wunderland“, dabei war die Krempe so gross das es das komplette Gesicht versteckt. Es war der Regie wichtig das die extrem groteske Schminkmaske nicht in den Vordergrund tritt, denn erst als er die Verwandlung durchgeht und seinen Auftritt im Wunderland hat, zeigt er sein wahres Gesicht.

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Zweiter Akt: Haardiadem und Krone befestigt. Die geflochtenen Zöpfte hier noch zu sehen, kamen später nur im dritten Akt zum Einsatz.

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Zweite Akt!

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Dritte Akt: Bei den ersten Proben haben wir noch eine Locke ins Gesicht geschminkt, da es die Stirn ein bisschen auflockerte, jedoch haben wir es ziemlich schnell verworfen, denn trotz Fixierspray war es nicht möglich es haltbar zu machen, er hat es wirklich weggeschwitzt und das komplette Gesicht war Braunschwarz, einfach unschön. Das Make up wurde im dritten Akt etwas festlicher, dabei habe ich die gleichen Farben wie im Schleifendiadem aufgegriffen.

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Zu guter Letzt:

An diesem Bild kann man gut erkennen das der Tänzer bereits einen kleinen Bartwuchs bekommen hatte, so wie es auch auf dem Entwurf zu erkennen ist. Es schien uns sehr wichtig das wir genau darauf hin arbeiten und merkten von mal zu mal das wir dem Entwurf näher kamen. Dieses Bild entstand auch bei unserer letzten Vorstellung und ganz klassisch mit einer kleinen Motivation. Für diese Letzte Vorstellung braucht man meist noch mal einen kleinen Antrieb. Ohne die Schminkmaske zu stark zu verändern, war es uns möglich, mittels einer schiefen Nase ein wenig Humor einzubringen.

Hoffentlich konntet ihr erkennen welchen Belastungen dieser Tänzer ausgesetzt war. Die Menge an unterschiedlichen Gestellen die am Kopf und an der Perücke befestigt wurden, dazu das unglaublich schwere historische Kleid und die dazu kommenden Umzüge. Ich selbst habe die meiste Zeit nur gehofft und gebangt, dass nicht während der Vorstellung etwas vom Kopf fällt.

Allgemein zur Schminkmaske:

Ich hatte für den kompletten Charaktar 30min Zeit und das war manchmal ziemlich knapp berechnet, aber mit der Routine wächst die Schnelligkeit. Zu beginn bereitete ich seine kurzen Haare gut für die Perücke und deren Haargestelle vor. Danach schminkte ich den Charakter und ging nach einem gewissen System vor (siehe Video), wenn das Grundmake-up stand, begann ich die Augen zu schminken, Wimpern zu kleben, Augbrauen zu kleben, Lidstrich zu ziehen um der Schminkmaske Charakter zu geben. Die Warze klebte ich am Ende der Schminkarbeit ins Gesicht, danach setzte ich die Perücke auf, steckte sie fest und klebte sie an der kompletten Front der Stirnpartie, mit einem dafür vorgesehen spezialkleber, da die Perücke ziemlich viel Zug und Belastung aushalten musste. Nun schaut einfach selbst!

Hier geht es zum Video: https://youtu.be/euNLWY1lJmA

Und hier:  https://youtu.be/bVz4ZOxMenQ

Ich würde mich sehr über ein Feedback freuen, schreibt mir doch einfach ob ihr den Blick hinter die maskenbildnerischen Kulissen interessant fandet und ob ihr gern mehr davon lesen und erfahren wollt.

Har det så bra!

Vivo

Bilder: Vivo la Vita – leider nur mit einer mittelmässigen Kamera (Mobiltelefon) und stets während den Vorstellungen.

Video und Bilder: Kunglinga Operan/Frida Nilsson

Tänzer des Duchess: P. Jansson

P.s. Im November/ Dezember/ Januar 2017/18 wird Alice im Wunderland wieder in der Kunglinga Operan aufgeführt und vielleicht hat ja der ein oder andere Lust auf ein winterlichen Besuch in Stockholm. Haltet gern Augen und Ohren offen!

p.s.s. Und weil ich es endlich geschafft diesen Beitrag zu schreiben und zu veröffentlichen geht es Heute damit zum Freutag.

6 thoughts on “Maskenbildnerische Arbeit – Hinter den Kulissen!

  1. annuschka

    Ich habe Sehnsucht nach dir und deiner Arbeit und dir beim Arbeiten über den Spiegel zuzuschauen, dein „schminkopfer“ zu sein! Es macht mich richtig nostalgisch dich in dem Vodeo so in Aktion zu sehen…. Und auch glücklich, zu lesen, dass du dort so tolle Aufgaben bekommst , bei denen du dein Können unter Beweis stellen kannst. Ich bin sooooo stolz auf dich!!! Und ja… Ich bin schon am grübeln, wie ich noch einen kleinen Urlaub im November in Stockholm einschieben kann…
    ?Deine Annusch

    1. Vivo la vita

      Danke! Ich verliere mich auch immer wieder in den alten Zeiten, besonders wenn ich die Fotos ansehe.
      Du bist übrigens immer herzlich willkommen, aber fals du „Alice im Wunderland“ sehen willst, dann solltest du noch ein Jahr bis 2017/18 warten oder wieder vorbeikommen. Und dann kann ich auch Karten vorbestellen ?. Lg Vivo

  2. Geli

    Wunderschön!!!!!!!!!!!!!!! Deine Arbeit und auch von allen anderen was ich im Video gesehen habe. Unglaublich viel Arbeit steckt da drin und sicherlich auch viel Spaß und vor allem Kreativität. Das war ein riesen Projekt! Am liebsten würde ich mir das live ansehen. Aber auch wir stecken im November/Dezember voll im Theater-Streß. Deine Begabung war mir ja schon klar als du bei uns warst und ich freue mich für dich, dass du so schöne Aufgaben bekommst. Ganz liebe Grüße. Geli

    1. Vivo la vita

      Vielen lieben Dank, ich werde sicherlich weiterhin solche Einträge machen. Aber ich glaube ihr habt auch tolle und kreative Sachen. Ich erinnere mich gut und hab auch noch einige Bilder als Erinnerung. Es war schon eine schöne Zeit. Herzlich Vivo

    1. Vivo la vita

      Vielen Dank! Ich würde euch so gerne noch mehr von meiner Arbeit zeigen, aber leider fehlt mir manchmal die Zeit. Aber dieses Jahr haben wir Dracula im Spielplan und vielleicht kann ich mal wieder mit einem Beitrag meine Leser hinter die Kulissen mitnehmen. Herzlich Vivo

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